Kirche St. Martin in Essing im Naturpark Altmühltal


Kirche "St. Martin"

in Altessing im Naturpark Altmühltal



So, wie sich die Kirche heute darbietet, wird ihre Entstehung auf nach 1250 gelegt. Die zwei steinernen Kapitäl-Reste in der südlichen Außenwand lassen einen früheren südlichen Eingang vermuten. Wenn es ums Alter der Kirche geht, darf man auch die vier Kragsteine nicht übersehen, die an den Ecken des Langhauses das Dach tragen, Konsolen, die von Arm und Hand gestützt werden, ähnlich den Kragsteinen der schon im 12. Jahrhundert erbauten romanischen Kirche in Bad Gögging.
Der Turm ist ein sehr imponierender Bau, eine einmalige Persönlichkeit von Turm. Ein quadratisch-klotziger, romanischer Unterbau mit einem schmalen gotischen Rückfenster, Haustein-gemauert. Der obere Teil ist 1709 von dem Kelheimer Zimmermeister Georgen Klarherr für 90 Gulden errichtet worden, mit vier wie zu einer Spitze zusammenstrebenden Turmteilen. Aber plötzlich, und noch rechtzeitig fällt dem barocken Meister ein, daß es kein einfacher Spitzturm werden darf, und er setzt eine vierseitige Barocklaterne darauf. Auf diesem Hals erst erhebt sich die Zwiebel wie ein schlanker, neugieriger Kopf. Über dem weißen Unterturm ist alles geschindelt bis an die Kuppel, wie es je gewesen. Zu alleroberst hockt der Turmgockel.
Das "Vorzeichen", oder wie man heute sagt: die Vorhalle, ist ein gewölbter, zweiseitig offener Bau, den Anthoni Schaluin, der Erbauer des Essinger Stiftshauses, 1627 um 45 Gulden nachte. Neben dem Vorbau am Boden des Altarstein des ehemaligen gotischen Altars. In dieser Vorhalle steht jetzt der bei der Stiftskirche in unseren Jahren erst entdeckte gotische Taufstein in Kalkstein, 6 eckig, mit 70 cm breiter Rundschalt, wie man sie einmal brauchte, als die Taufkinder noch untergetaucht wurden. Darin dürften die Essinger bis 1711 getauft worden sein.
Der Altar im Prespyterium ist ein Rokokoaltar, er breitet sich aus mit frommer Mächtigkeit von der linken zur rechten Chorwand, reicht hinauf bis an die Steinrosette, hat auf jeder Seite eine gewundene und zwei auf dem Boden stehende glatte Säulen, darüber ein breites, gegliedertes Gesims, darauf das Mariahilf-Bild nach dem Passauer Modell. Die Geschichte dieses Altars liegt im Landshuter Trausnitz-Archiv im Akt 168 Fsc. 2143, Das Vermächtnis der Anna Maria Halbritterin".
Die alte Halbritterin von Randeck besaß am End ihres Lebens 3.000 Gulden und vermachte sie wohltätigen Zwecken. 1.000 Gulden bekam die Altessinger Kirche mit dem ausdrücklichen Willen, daß der alte Altar gefaßt und vergoldet werden müsse. Wer kann´s der alten Halbritterin verdenken, daß sie in ihrer frommen Phantasie ihren geliebten alten Altar vergoldet sah, wo es doch jetzt in allen neuen Kirchen von Gold nur so leuchtet!
Wie die Halbritterin schon draußen lag auf dem Friedhof, gingen "Werkverständige" in der Kirche drinnen daran, den "vor 300 Jahren erbauten Altar zu untersuchen", und sie fanden, "daß er erstens dem verbesserten Geschmack gar nicht mehr angemessen ist, zweitens morsch und wurmstichig ist, drittens einer Vergoldung weder fähig noch würdig".
"Für einen neuen Altar reichte die legierte Summe nicht hin." So suchte man nach einem "gebrauchten". Den fand man schnell. War doch 1802 erst die immer hochwassergefährdete, wundersame Kirche "Zum hl. Blut" in Kelheim auf dem Wöhrdplatz abgebrochen worden. Da kaufte man einen "schönen, dauerhaften Altar".

Die Rechnung:
Der Altar selber 20 Gulden
Für Bildhauer in Kelheim für richten 80 Gulden
Für Maler Dötter 62 Gulden
Für die Bauern, die ihn herauffuhren nach Altessing 42 Maß Bier 3 Gulden 24 hl

Da der Altar ohne Patoziniumsheiligen gekommen war, mußte der Maler Jos. Zacharias in Regensburg noch ein Altarblatt malen, "den hl. Martin als Ritter vorstellend macht 30 Gulden".
So hat Altessing für seinen gotischen Altar einen Rokokoaltar bekommen.
1890 paßte übrigens dieser Altar auch wieder nicht, und man schrieb an das Ordinariat und legte eine gut gemachte Bleistiftzeichnung bei, weil man sich beim Opfergehen im Leichengottesdienst schlecht durch die am Boden stehenden Außensäulen des Altars zwängen konnte. Seit dem gotischen Altar, also von je, hat es beim Opfergehen nur einen Weg gegeben: hinten herum! Dem Ordinariat war´s recht, aber man hat doch den Plan nicht durchgeführt und die reichen Körperschaften weiterhin durch die zwei Nadelöhre gezwängt. Bis man in unseren hellen Zeit darauf kam, daß man eigentlich auch vor dem Altar vorbeigehen könnte.
Auch mit dem Regensburger Altarblatt hatten´s die Altessinger nie recht. Auf einen Altar gehören ein reeller, handgreiflicher Martin! 1912 schnitzte ihnen ein Münchner Bildhauer einen Martin auf einem so gamsigen Roß, daß man meint, er würd´ einmal mitten in die Wandlung hineinwiehern.
Die Flachdecke des Langhauses ist mit betont-kräftiger Festlichkeit stukkiert und neben zwei plastischen Bildern mit einer volkstümlichen Allerseelen-Darstellung versehen. Diese sehr schöne Decke dürfte ziemlich sicher dem meister der Stiftskirche Josef Bader zuzuschreiben sein.
Eine Kostbarkeit ist die Kanzel, wenig beachtet, weil ohne kräftige Farbeffekte; man vermutet "eine Kelheimer Arbeit". Eine Eichenkanzel aus der Zeit, in der das Stiftshaus gebaut wurde, reich gegliedert mit Säulen und Kassetten, Mit Einlegearbeiten in verschiedenen Hölzern. Im Mittelspiegel St. Martin mit dem Bettler. Auf der Empore das Orgelgehäuse ist in der gleichen Zeit entstanden.



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Zuletzt aktualisiert am 10.02.2017