Klosterkirche in Rohr im Hopfenland Hallertau ganzer Altar Altar Orgel Klosterkirche in Rohr im Hopfenland Hallertau

Benediktinerabteikirche "Mariä Himmelfahrt"

in Rohr im Hopfenland Hallertau



Eine Frucht der Kirchenreform Papst Gregors VII. waren die Chorherrenstifte. Als Zentren der Seelsorge auf dem flachen Land und zur Pflege der Liturgie entstanden sie zu Beginn des 12. Jahrhunderts in Altbayern und Osterreich in erstaunlicher Zahl, zumal im Voralpenraum. In diese Zeit fällt auch die Stiftung des Klosters Rohr. Der Edle Adalbert von Rohr aus der Familie der Abensberger Babonen schenkte nach kinderloser Ehe sein Besitztum an den Regensburger Bischof, damit in Rohr ein Kloster für Augustinerchorherren gegründet würde (1133). Damals entstand eine romanische Basilika mit einem massigen freistehenden Turm. Unter den Gründungen der Diözese Regensburg trug die zu Rohr zweifelsohne die schönste Frucht, wenn sie auch von den Höhen und Tiefen jeder geschichtlichen Entwicklung nicht verschont geblieben ist. 1438 wurde dem Konvent ein Chorherr aus lndersdorf als Propst aufgezwungen - zu seinem Segen. Petrus Fries (1438-1455) und seine Nachfolger Johannes Peininger (1455-1493) und Wolfgang Haimstöckl (1493-1509) führten das Stift im Geist der Raudnitz-lndersdorfer Reform durch eine lange Blütezeit. Frömmigkeit und Gelehrsamkeit zeichneten die Chorherren aus. Rohr wurde nach lndersdorf das zweite Strahlungszentrum der Raudnitz-lndersdorfer Reform für Altbayern und Schwaben.
Die romanische Kirche wurde seit 1438 restauriert und im Sinne der Gotik umgebaut. Die romanischen Rundbogenfenster erhielten Spitzbögen, Langhaus und Seitenschiffe wurden im Stil der Zeit eingewölbt, der romanische Altarraum durch einen eingezogenen tiefen Chor mit polygonalem Abschluß ersetzt. Nach dem bedrohlichen Niedergang in der Reformationszeit markiert die Berufung des Bernrieder Chorherrn Johannes Vischer zum neuen Propst (1571) den Beginn des Wiederaufstiegs. Die vierzigjährige Regierungszeit seines Nachfolgers Johannes Holnstainer (1589-1630) ist Rohrs Beitrag zur Periode der nachtridentinischen katholischen Erneuerung. In der Folgezeit pastorierten die Chorherren neben Rohr auch ihre Pfarreien Eschenhart, Högldorf, Laaberberg (mit Wallfahrt), Sallingberg und Semerskirchen. Bis dahin waren nämlich die auswärtigen Pfarreien, obwohl bereits Stiftungsgut des Klosters oder spätestens im 13. Jh. an das Stift gekommen, von Weltpriestern betreut worden.
Die Stiftskirche erhielt 1618/20 eine barocke Ausstattung und Stuckierung. Das ursprüngliche kleine Klostergeviert wurde im Südwesten um eine zweite, größere Quadratur erweitert. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ eine Klosterruine, eine schadhafte Kirche und einen zusammengeschmolzenen Konvent. Nach 1661 konnten mit kurfürstficher Hilfe die Klostergebäude wiederhergestellt werden, möglicherweise unter Mitwirkung von Antonio Riva. Erst das 18. Jh. brachte für Rohr die barocke Bauzeit. Unter Propst Patritius II. v. Heydon aus Straubing (1682-1730) entstand 1717-1723 durch Egid Quirin Asam die heutige Kirche. Die Weihe des neuen Gotteshauses mit seinen neun Altären erfolgte am 27.9.1722.1723 vollendete Egid Quirin Asam die Hochaltarplastiken. 1749-1761 wurde das Kloster neu gebaut. Der eifrigen Tätigkeit der Chorherren in Liturgie, Wissenschaft, Kunst und Seelsorge auf den Stiftspfarreien und an deren Filialkirchen setzte 1803 die Säkularisation ein plötzliches Ende. Im März 1946 fand der heimatvertriebene Konvent der Benediktinerabtei Braunau in Ostböhmen eine neue Heimat an der ehemaligen Stiftskirche und in dem als Pfarrhof dienenden Teil des alten Klosters. Unter großen Opfern, aber mit der Hilfe kirchlicher und staatlicher Stellen konnten die übrigen noch bestehenden Teile des ehemaligen Klosters erworben und die nach der Säkularisation abgebrochenen Teile wieder aufgebaut werden. Bereits im Herbst 1947 eröffneten die Benediktiner, getreu der jahrhundertealten Tradition ihres Konventes, ein Gymnasium mit Internat. Nächst dem feierlichen Gotteslob wirken die Mönche in der ordentlichen und außerordentlichen Seelsorge, in Wissenschaft und Unterricht. Einer großen Besucherzahl erfreuen sich die von Kloster und Schule veranstalteten Konzerte sakraler und profaner Musik.
Egid Quirin Asam und sein Bruder Cosmas Damian standen 1717 noch stark unter dem Eindruck ihrer Ausbildung an der Accademia di San Luca in Rom, wohin der Abt von Tegernsee sie geschickt hatte. So sind denn in der Rohrer Kirche vielfach römische Vorbilder und Einflüsse zu erkennen. Ein zweiter Faktor, der die Anlage in Rohr mitgeprägt hat, waren die baulichen Vorgegebenheiten. Da schon aus finanziellen Gründen an einen gleichzeitigen Neubau des Klosters nicht zu denken war, andererseits aber der stabile Turm mit romanischem Unterbau, den erst 20 Jahre zuvor (1696) wohl Joseph Baader in barocker Manier aufgestockt hatte, in die neue Kirche einbezogen werden sollte - an den Turm und die Nordwand der alten Kirche lehnte sich (bis zur Säkularisation) seit 1452 noch die Heiliggeistkapelle an, einst Grablege der Vogtfamilie, der Herren von Abensberg -, mußte beim Bau auf diese Gegebenheiten Rücksicht genommen werden. Drittens verbot die unsichere Bodenbeschaffenheit jedes Experiment mit einer gewagten Gewölbe- oder Dachkonstruktion, die ein eigenwilliger Grundriß erfordert hätte. So ist es Egid Quirin Asam gelungen, durch Rückgriff auf die Grundform der römischen Barockkirche, in den vorgegebenen Raum zwischen der mittelalterlichen Klosteranlage im Süden und dem massiven Turm und der Heiliggeistkapelle im Westen u. Norden unter Einbeziehung alten Mauerwerks auf der Südseite ein Bauwerk zu entwerfen und auszuführen, das bei der unsicheren Bodenbeschaffenheit ein Maximum an statischer Sicherheit versprechen mußte. Und innerhalb dieser Grundkonzeption wurde das architektonische Detail (mit Verwertung verschiedener Anregungen aus bayerischen Barockkirchen) so angelegt, daß es folgerichtig hinstrebt auf den Bühnenaufbau, der den streng-großartigen Rahmen abgibt für des Künstlers Vision von der Aufnahme Mariens in den Himmel. Der Grundriß der Asamkirche unterscheidet sich von dem der alten Kirche vor allem durch die Entscheidung für ein Querschiff und durch die Verlängerung des Hauptschiffes um ein damals beliebtes schmales Joch nach Westen, wodurch der bisher freistehende Turm in die Gesamtanlage einbezogen wurde. Die für den Kenner bayerischen Barocks enttäuschend einfach anmutende Fassade ist römischen Barockkirchen nachgebildet (vgl. Weltenburg). Die basilikale Form des Außeren präsentiert sich im Inneren als ein Hauptschiff (Langhaus 23,00 m : 18,90 m), begleitet von Kapellen, die von Quertonnen überwölbt sind und strenge Arkaden bilden. Die Kapellen sind untereinander durch einen Laufgang verbunden, der sich zum Querschiff interessanterweise schräg öffnet. Ein in reicher, ungewöhnlich hoher Profilierung vorkragendes Gebälk trennt - abermals römischen Vorbildern folgend - das lichte Gewölbe von der Wand ab. Über ihm eine verzierte Attika. Die glatt gerahmten Lünettenfenster wiederum schneiden mit Stichkappen in das Tonnengewölbe des Hauptschiffes (Scheitelhöhe 18,65 m) ein und belichten es umsomehr. Die besondere Asamsche Durchformung des Innenraumes ist am augenfälligsten an der Kreuzung des Hauptschiffes (Vierung 12,40 m : 12,30 m) mit dem Querschiff (je ca. 7,50 m), wo je ein Säulenpaar die Ecken verstellt. Aber auch die Kompositkapitäle dieser Säulen zeigen wie bei den Pilastern des Kirchenschiffs die für Asam typischen, nach oben gerollten Voluten, die die Funktion der die Gewölbelast tragenden Säulen optisch geradezu aufheben. Besonders einfallsreich ist die Verbindung des Orgelprospektes mit der architektonischen Umrahmung des Westfensters, ein Gestaltungsmotiv, das bereits bei den Altären des Querhauses auftritt. Es findet sich über der Orgel, wie noch öfters bei Egid Quirin Asam, als kleines Gegenüber zur Hochaltarretabel. Ein Merkmal dieser Kirche und Egid Quirin Asams ist ferner das überaus betonte, sehr hohe Gesims über den Pilastern der Seitenkapellen, das auch an der Orgelempore weitergeführt wird: eine weitere starke Akzentuierung der Horizontallinien.



Benediktinerabtei Braunau
Abt-Dominik-Prokop-Platz 1
93352 Rohr in Niederbayern
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Zuletzt aktualisiert am 10.02.2017